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Folgender Artikel erschien im Mitteilungsheft des Menzer Fördervereins, Heft 14. Die Informationen und Berichte Förderverein "Naturlandschaft Stechlin und Menzer Heide" e.V. werden zweimal jährlich herausgegeben.


Betrachtungen zum Fischadler

Einst besiedelte der Fischadler (Pandion haliaetus) weite Teile Europas und darüber hinaus. Als Nahrungskonkurrenz gnadenlos verfolgt, schmolz die Population bedrohlich schnell dahin. Spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts waren schließlich viele Länder und Regionen fischadlerfrei. In Deutschland gab es lediglich im Osten kleine Restvorkommen.

Strenge Schutzmaßnahmen zeigten langsam erste Erfolge, wenngleich eine erneute Arealerweiterung in weite Ferne gerückt war. Im Wesentlichen beschränkte sich das fragile Vorkommen auf Mecklenburg, Vorpommern und Brandenburg. Die Verwendung des Pestizids DDT führte zu abermaligen drastischen Bestandseinbußen. Die Art stand praktisch am Rand der Ausrottung. Erst mit dem Verbot dieses Mittels in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts in beiden deutschen Staaten ging es langsam wieder bergauf. Maßnahmen, wie etwa die Einführung von Horstschutzzonen in Wäldern, die Schaffung eines Horstbetreuersystems und gezielte Öffentlichkeitsarbeit, wirkten sich zusätzlich positiv aus.

Die intensive Beschäftigung mit den Tieren, begünstigt durch ihre auffällige Lebensweise, führte im Laufe der Zeit zu großem Wissenszuwachs. Nicht zuletzt aufgrund eines langfristig angelegten Farbberingungsprogramms gehören Fischadler zu den am besten erforschten Vogelarten überhaupt.


Kleine Sensation: Ein von
P. Sömmer farbberingter
Fischadler am 14.01.2016, fotografiert von A. Portales
auf La Graciosa (Kanarische Inseln).







Die Folge, innerhalb weniger Jahre mussten für sicher gehaltene Erkenntnisse revidiert werden. Die Adler sind nicht so monogam, wie man dachte. Ein Partnerwechsel ist also nichts Ungewöhnliches. Auch über das Zugverhalten weiß man jetzt mehr.

Hier nun einige Bestandszahlen:

  • Aktuell sind in Deutschland ca. 600 Reviere besetzt (Revierpaare).
  • 2013 wurden in Brandenburg 368 Reviere erfasst. Damit ist Brandenburg das fischadlerreichste Bundesland!
  • Der Naturpark Stechlin-Ruppiner Land beherbergte 29 besetzte Reviere (ebenfalls 2013).
  • Rund 5 Prozent aller deutschen Fischadlerpaare halten sich also während der Brutzeit in unserem Großschutzgebiet auf.

Der gewässerreiche Naturpark befindet sich somit im Kernverbreitungsgebiet des Fischadlers in Mitteleuropa mit großer regionaler und überregionaler Bedeutung. Ein guter Bestand bei uns trägt ganz entschieden zu einer dynamischen Arealerweiterung bei. Inzwischen wurden beispielsweise bereits viele ehemalige Brutgebiete in Deutschland und Westeuropa besiedelt. Mit Spannung erwarten viele naturliebende Menschen die Rückkehr des eleganten Fischjägers.

Natürlich kann man sich zurücklehnen und darauf warten, dass die Adler von sich aus so genannte Naturhorste bauen. Das ist eigentlich der normale Werdegang. Erfolgversprechender ist jedoch eine aktive Unterstützung. An exponierten Standorten bietet sich deshalb der Bau von Kunsthorsten bzw. Nisthilfen an, zumal Fischadler diese sehr gern annehmen. Die Angebote können sich auf Bäumen, aber auch auf Strommasten befinden.

Bereits vor der politischen Wende 1989 erkannten Revierförster Karl-Heinz Jaensch und andere Forstbedienstete die Notwendigkeit von unterstützenden Maßnahmen. Sie errichteten auf dem Gebiet unseres heutigen Naturparks die ersten Horstunterlagen und das mit Erfolg. Diese Arbeit setzte Paul Sömmer von der Naturschutzstation Woblitz kontinuierlich fort, unterstützt von Mitarbeitern des örtlichen Energieversorgungsunternehmens sowie der Naturwacht. Aber auch der Neuruppiner Greifvogelexperte Henry Lange sowie Dr. Daniel Schmidt-Rothmund vom NABU machten sich um die Ausbreitung der Art verdient.

Dr. D. Schmidt-Rothmundt bei der Errichtung eines
Fischadler-Kunsthorstes auf einer Eiche bei der NABU-
Aktion am 13.03.2016 in der Nähe von Rheinsberg.

Nach inzwischen mehr als zwanzig Jahren sind die Nester der ersten Generation reparaturbedürftig oder sogar akut absturzgefährdet. Vor allem seit 2015 erfolgt deshalb verstärkt der Austausch bzw. Neubau von Kunsthorsten. Allein Dr. D. Schmidt-Rothmund vom NABU-Vogelschutzzentrum Mössingen (Baden-Württemberg) schuf in den letzten beiden Jahren zehn neue Brutstätten im Bereich des Naturparks Stechlin-Ruppiner Land.
Wenn es um die Finanzierung solcher Aktivitäten geht, ist die Naturparkverwaltung stets ein verlässlicher Partner. Im laufenden Jahr knüpfte sie Kontakte zur Rheinsberger Preußenquelle GmbH. Dieser Betrieb übernahm dankenswerter Weise die Patenschaft inklusive Finanzierung von drei Kunsthorstangeboten.


Wie sieht nun die Prognose aus?

Bei allem Optimismus, bei aller Freude über diese Erfolgsgeschichte des Naturschutzes werden die Fischadlerbestände bei uns nicht endlos weiter wachsen.

Der Zug in die Winterquartiere und wieder zurück ist gefährlich. Aber auch in Deutschland werden die Bedingungen nicht besser. Eine merklich intensiver betriebene Forstwirtschaft erschwert die Nistplatzwahl. Verstärkte Freizeitaktivitäten an und auf den Gewässern führen regelmäßig zu Störungen und Brutabbrüchen. Die Errichtung von Windkraftanlagen zwischen Brutplatz und Nahrungsgewässern kann zu Kollisionen führen. Die Verdrahtung der Landschaft fordert Opfer und und und…

Dennoch bin ich mir sicher, dass der Fischadler, als ein Charaktervogel unseres Naturparks, auch zukünftige Generationen erfreuen wird.

Bernd Ewert
Zechlinerhütte,
18.03.2016


 

 

 

 

 

 

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